In seinem viel beachteten Werkzyklus „Obersalzberg“ (2010 bis 2013) setzt sich Andreas Mühe mit einer historisch belasteten Landschaft und Bildästhetik auseinander. In der Ausstellung ist eine Teilserie aus diesem Werkzyklus zu sehen. Dafür porträtierte Mühe Freunde vor einem in Falten geworfenen roten Vorhang. So hatte Hitler-Porträtist Walter Frentz Militärs und Politiker des Dritten Reichs fotografiert. Während Frentz kaum Zeit hatte, seine Modelle zu platzieren, überzeichnet Mühe Pose und Erscheinung. Er wirft Fragen nach Identität und Uniformität auf und evoziert Bilder zweier Generationen: welche Deutscher, die zur Zeit des Nationalsozialismus junge Erwachsene waren, aber auch welche ihrer Enkelgeneration und die mit ihr assoziierten Phänomene, wie Neonazismus und NSU-Terror. Für „Wandlitz“ fotografierte Mühe Häuserfronten in der Waldsiedlung Wandlitz, in der zu DDR-Zeiten die Mächtigen des SED-Politbüros lebten, darunter Erich Honecker und Erich Mielke. Ähnlich wie in der Porträtserie überführt Mühe seine Studie in eine streng komponierte, absurd anmutende Ästhetik. Auch diese Bilder kommen betont inszeniert daher. An sich banal aussehende Fassaden werden vor tiefschwarzem Hintergrund theatralisch ausgeleuchtet, mit einem Lichtballon, der eigentlich bei Filmsets zum Einsatz kommt. Wie schon die Obersalzberg-Porträts reduzierte Mühe die Wandlitz-Häuser auf 4 mal 5 Inch (ungefähr 10 mal 12 cm), die Größe entspricht dem Negativ der Großformatkamera, mit der er fotografiert.
Bild 1: „Patrick III“, Bild 2: „Stephan I“, Bild 3: „Fabian II“, aus der Serie „Obersalzberg“, 2010-13, © VG-Bildkunst Bonn, courtesy carlier gebauer
Film // Interview: Vinzent Kutsche * Regie, Kamera, Schnitt: Nadja Smith * Musik: The Aim of Design Is to Define Space * Produktion: Nadja Smith